Von Bergit Kuhle
Jung. Schön. Krebs,
diesen Titel für einen Fotoband habe ich kürzlich irgendwo gelesen und werde ihn seitdem nicht mehr los.
Drei Worte, viele Perspektiven zum Thema Krebs tun sich da vor mir auf:
Die tragische Brutalität, dass junge und schöne Menschen Krebs haben können, noch bevor sie richtig gelebt haben… Dass junge Krebskranke auch schön sein können, wie ästhetische Fotos von Frauen mit z.B. nur einer Brust in schwarz-weißen Fotostrecken schon gezeigt haben. …Dass einige junge Frauen – viele Männer sowieso – ohne Haare äußerst apart aussehen.
Krebs als modisches Accessoire! Oder als unzumutbare Belastung für Jugend und Schönheit ? Unzumutbarer als im Alter, denn dann ist man ja schon alt und es kommt nicht mehr so darauf an, was einen den Rest gibt.
Es geht aber auch: Okay, ich habe zwar Krebs, aber wenigstens bin ich jung und schön. Junge Menschen besiegen den Krebs auf Grund ihrer noch stärkeren Lebenskräfte oftmals besser als alte Menschen. Was aber hat das mit Schönheit zu tun?
Oder bekommen wir den Hinweis, dass Krebs nicht nur eine Krankheit des Alters ist, sondern auch Junge und Schöne erwischt? Potentiell jeden. Diese bloße Feststellung würde mir noch am besten gefallen. Hat nicht gerade eine groß angelegte Studie belegt, dass der Großteil der Krebserkrankungen auf dem Zufall beruht?
Wie also ist das gemeint: Jung. Schön. Krebs ? Geld verdienen mit jungen, schönen Menschen, die etwas Besonderes sind, weil sie Krebs haben. Schon unmoralisch? Aber was ist, wenn der Verkaufserlös den Krebskranken, Patientenorganisationen oder der Forschung wieder zu Gute kommt, und dabei gleichzeitig auf seltene Krebserkrankungen aufmerksam gemacht wird? Dann doch ein erstrebenswerter moralischer Anspruch?
Trotzdem, Ich kann es nicht mal richtig begründen. Der Titel hat mich einfach befremdet.
Alt. Verbraucht. Krebs, wäre ein Horrortitel schlechthin. Niemand würde je ein Buch oder einen Film so nennen wollen. Wer sollte sowas lesen oder anschauen wollen? Ein Dreifach-Urteil, alt, verbraucht und dann auch noch Krebs? Krebs als Steigerung von alt und verbraucht. Da ist wirklich nichts mehr zu machen. Hässliche Endzeitstimmung mit Ekelschwelle im Gegensatz zum allerorts und allzeit präsenten Jugend- und Schönheitswahn.
Ist man eigentlich per se schön, wenn man jung ist? Sieht man immer auch verbraucht aus, wenn man alt ist? Nein. Wie jung, wie alt? Wer zieht da Grenzen ? Und der Krebs? Was tut der dabei? Er stört gewaltig, muss bewältigt und bekämpft werden. Und zwar in jedem Alter, egal ob das Gesicht glatt oder voller Falten ist. Brauchen wir diese Abgrenzungs-Kategorien und Schubladen zu reinen Werbezwecken? Nein. Nicht in dieser Wortwahl.