Klinische Studien: Krebspatienten und Experten fordern mehr Aufklärung

 

2. Hessischer Roundtable patientenorientierte Krebsversorgung

Klinische Studien: Krebspatienten und Experten fordern mehr Aufklärung

Frankfurt am Main,  3. Februar 2014 -

Klinische Studien sind von zentraler Bedeutung für die Verbesserung der Krebstherapien, denn über neue Erkenntnisse können Behandlungsansätze weiterentwickelt und verbessert werden. Allerdings lehnen Patienten und deren Angehörige es häufig ab, an klinischen Studien teilzunehmen. Gründe dafür sind zumeist mangelndes Wissen über die Chancen und Risiken sowie den praktischen Ablauf einer Studienteilnahme. Anlässlich des Weltkrebstages sind Experten aus Fachwelt, Selbsthilfe und Politik beim „Hessischen Roundtable patientenorientierte Krebsversorgung“ zusammengekommen, um das Spannungsfeld zwischen Versorgungsalltag und Patientenwelt im Bereich der klinischen Studien kritisch zu beleuchten.

Die wichtigsten Bedenken, die Krebspatienten und deren Angehörige gegenüber einer Teilnahme an klinischen Studien äußern, sind gesundheitliche Risiken und Erfolgsaussichten der Therapie sowie die zeitliche Beanspruchung der Teilnehmer. Dies zeigen die Ergebnisse einer qualitativen Befragung von Krebspatienten, die 2013 im Rahmen der Initiative PACE (Patient Access to Cancer care Excellence) für mehr Patientenorientierung von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) durchgeführt wurde. Ziel war es, detaillierte Einblicke in die Erwartungen und Erfahrungswerte der Patienten zu erhalten. „Die Erhebung trägt dazu bei, die individuellen Vorstellungen von Betroffenen in Bezug auf klinische Studien prospektiv abzufragen“, sagte Dr. Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft, der den Hessischen Roundtable moderierte. „Die Ergebnisse zeigen den Bedarf an zusätzlicher Aufklärungsarbeit. Wir müssen die geäußerten Erwartungen und Erfahrungen der Patienten ernst nehmen.“ Um auch zukünftig weitere Fortschritte in der Krebsversorgung verzeichnen zu können, sei eine starke Beteiligung an klinischen Studien notwendig.

Betroffene wissen um zentrale Bedeutung von klinischen Studien

Anita Waldmann von der Selbsthilfe Leukämiehilfe RHEIN-MAIN e.V. berichtete, wie gemischt die Gefühle gegenüber klinischen Studien seitens der Patienten und deren Angehörigen seien. Ihre Erfahrungswerte aus der Selbsthilfe spiegeln sich auch in den Aussagen der Befragungsteilnehmer wider. Die Assoziationen der Betroffenen reichen vom positiven „Hoffnungsschimmer“ bis hin zur Angst, ein „Versuchskaninchen“ zu sein. Besonders häufig werden Unsicherheiten und Ängste gegenüber den Therapiemethoden genannt. Andererseits äußerten sich Patienten, die bereits an klinischen Studien teilgenommen haben, oftmals positiv. So berichteten sie beispielsweise von einer verstärkten individuellen medizinischen Beratung und begründen ihre Entscheidung der Studienteilnahme mit dem Wunsch, sich selbst aktiv für den wissenschaftlichen Fortschritt einsetzen zu wollen.

Jörg Huber von Lilly Deutschland, der verantwortlich für PACE in Deutschland ist, betonte, dass bei den Befragten generell der Wunsch und die Bereitschaft da seien, mehr über klinische Studien zu lernen. Daher werde man sich gemeinsam mit allen Beteiligten verstärkt für patientengerechte Informationsangebote zu Krebserkrankungen und klinischen Studien einsetzen.

Entscheidend für eine Verbesserung der Versorgungsqualität: Patienteninformationen zur Teilnahme an klinischen Studien

Prof. Dr. Christian Jackisch von der Frauenklinik mit zertifiziertem Brustzentrum (DKK/DGS) am Sana Klinikum Offenbach wies darauf hin, dass viele Patienten zum Zeitpunkt ihrer Diagnose dabei unterstützt werden sollten, sich mit den Möglichkeiten einer Teilnahme an klinischen Studien auseinanderzusetzen. „Ärzte müssen vor allem im stationären Bereich, wo die Hauptversorgung stattfindet, Patienten einen Zugang zu relevanten Informationen verschaffen“, forderte er.

Für den ambulanten Sektor sei die Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Einrichtungen entscheidend und biete den Vorteil einer effizienten Teilnahme und Betreuung. Prof. Dr. Hans Tesch von der Hämatologisch-Onkologischen Gemeinschaftspraxis am Bethanien-Krankenhaus in Frankfurt am Main ist überzeugt: „Die Kooperation mit Tumorzentren und Studienbüros führt zur Organisation, Koordination und Dokumentation von klinischen Studien auf einem hohem Niveau“. Je höher die Qualität der Studien, desto größer der Erkenntnisgewinn und damit auch die Chance, die Versorgung für den einzelnen Patienten weiter zu verbessern.

Dass eine enge Kooperation aller relevanten Akteure auf regionaler Ebene eine zentrale Bedeutung für die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen hat, betonte auch Dr. Catharina Maulbecker-Armstrong vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration: „Die bundesweite Umsetzung des neuen Krebsfrüherkennungs- und registergesetzes ist für die Verbesserung der Patientenversorgung in Deutschland ein wichtiger Schritt. Die Erfahrungen mit unseren Initiativen zum Thema Krebs in Hessen zeigen, wie essentiell die stärkere Integration der Erfahrungen von Patienten für eine bedarfsorientierte Versorgung in der Region ist.“

Krebspatienten, Angehörige und Experten sind sich über den hohen Stellenwert der klinischen Forschung für eine verbesserte medizinische Patientenversorgung einig. Jetzt geht es darum, gemeinsam noch gezieltere und umfassendere Aufklärungsarbeit für Patienten und deren Angehörige zu leisten.

Über PACE

Die Initiative PACE wurde von Lilly Oncology als globale und sektorenübergreifende Kooperation für eine stärkere Patientenorientierung in der Krebsversorgung ins Leben gerufen. PACE steht für Patient Access to Cancer care Excellence (Patientenzugang zu einer exzellenten Krebsbehandlung). Mit PACE werden die Bedürfnisse der Patienten an eine onkologische Versorgung in den Mittelpunkt gerückt. Über einen verstärkten gemeinsamen Austausch möchten wir damit einen Perspektivwechsel in der Krebsversorgung mit anstoßen. Dafür wurde in 2012 eine erste Befragung zum Thema Krebs von Bürgern, Patienten und Angehörigen in sechs beteiligten Ländern bei der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Auftrag gegeben, um das Wissen, die Erwartungen und die persönlichen Erfahrungen der Patienten zu zentralen Themenfeldern für die Krebsversorgung abzufragen. Aufbauend auf den Erkenntnissen dieser ersten Bürgerbefragung wurde 2013 eine fortführende qualitative Befragung zum Thema klinische Studien bei Krebspatienten und deren Angehörigen durchgeführt. Aktuelle Informationen zu der Initiative PACE finden Sie online unter: www.PaceNetwork.de

 

Ich werde dabei sein und euch sicher wieder berichten.
Eure Anita Waldmann, Patientenvertreterin